Es war gut, daß ich zu meinem Kunststückchen mit dem Schafe nicht hatte gelangen können. Denn am dritten Tage meiner Luftfahrt, wurde mein Hunger so groß, daß ich mich genöthigt sah, das Schaf zu schlachten. Als ich nun damals unendlich hoch über dem Monde war, und nach einer sechzehnstündigen noch weitern Auffahrt endlich der Sonne so nahe kam, daß ich mir die Augenbrauen versengte, so legte ich das todte Schaf, nachdem ich es vorher abgehäutet, an denjenigen Ort im Wagen, wo die Sonne die meiste Kraft hatte, oder mit andern Worten, wo der Ballon keinen Schatten hinwarf, auf welche Weise es denn in ohngefähr drey Viertel Stunden völlig gar briet. Von diesem Braten habe ich die ganze Zeit her gelebt.“ – Hier hielt mein Mann ein, und schien sich in Betrachtung der Gegenstände um ihn her zu vertiefen. Als ich ihm sagte, daß die Gebäude da vor uns das Seraglio des Großherrn zu Constantinopel wären, so schien er außerordentlich bestürzt, indem er sich ganz wo anders zu befinden geglaubt hatte. „Die Ursache meines langen Fluges, fügte er endlich hinzu, war, daß mir ein Faden zerriß, der an einer Klappe in dem Luftballe saß, und dazu diente, die inflammable Luft herauszulassen. Wäre nun nicht auf den Ball gefeuert und derselbe dadurch aufgerissen worden, so möchte er wohl, wie Mahomet, bis an den jüngsten Tag zwischen Himmel und Erde geschwebt haben.“ Den Wagen schenkte er hierauf großmüthig meinem Bootsmanne, der hinten am Steuer stand. Den Hamelsbraten warf er ins Meer. Was aber den Luftball anlangte, so war der von dem Schaden, welchen ich ihm zugefügt hatte, im herabfallen vollends ganz und gar zu Stücken zerrissen.
Gottfried August Bürger - Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und lustige Abentheuer des Freyherrn von Münchhausen (1786)
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